Wenn ein verschuldeter Staatsbürger aus der Bundesrepublik Deutschland eine EU Insolvenz in England durchführen möchte, muss sich dieser Schuldner genau über das englische Insolvenzverfahren (Bankruptcy) informieren, denn der Insolvency Act birgt nicht nur Vorteile (fresh start) sondern auch entscheidende Nachteile (Center of Main Interest) und damit die in England erlangte britische Restschuldbefreiung später auch in der Bundesrepublik anerkannt wird, sollte sich der verschuldete Bürger immer über die Vorteile und die Nachteile, welche das Insolvenzverfahren im Vereinigten Königreich von Großbritannien birgt, im klaren sein …
Die Insolvenz in England ist längst nicht mehr nur für englische Staatsbürger möglich. Auch deutsche Bürger können von den Vorteilen, welche die englische Insolvenz mit sich bringt, profitieren. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sie gewisse Einschnitte in ihren Alltag hinnehmen. Da diese Einschnitte nicht zu unterschätzen sind, sollte die englische Insolvenz keinesfalls vorschnell in Angriff genommen werden. Eine umfassende Beratung, etwa durch einen Fachanwalt, der sich auf die Insolvenz in England spezialisiert hat, kann einen ersten Anhaltspunkt darüber geben, wann sich eine EU Insolvenz in England für den Einzelnen lohnt und wann aufgrund der ebenso vielfältigen Nachteile doch besser von dieser Möglichkeit der Schuldenbefreiung abgesehen werden sollte. Insbesondere Familienmenschen tun sich schwer mit dem Schritt in die englische Insolvenz. Schließlich müssen sie sich dabei einen Hauptwohnsitz im Vereinigten Königreich von Großbritannien zulegen, damit sie von dem verkürzten Insolvenzverfahren in England profitieren können. Außerdem müssen sie ihren bisherigen Job aufgeben und eine Tätigkeit in England annehmen, andernfalls kann das Insolvenzverfahren in England verweigert werden. Diese Opfer, die gebracht werden müssen, sind für viele Schuldner einfach zu groß, als dass der britische Insolvency Act für sie in Frage kommen würde. Zwar ist die Dauer des UK Verfahrens deutlich kürzer als in Deutschland, doch Opfer müssen bei dem Insolvenzverfahren in England stets gebracht werden.
Die Vorteile beim englischen Insolvenzverfahren liegen natürlich klar auf der Hand: Die verkürzte Dauer bis zur Restschuldbefreiung ist dabei mit der wichtigste Vorteil. Nach der Antragstellung auf die Eröffnung des britischen Insolvenzverfahrens vergehen in der Regel nur zwölf Monate, bis die Restschuldbefreiung erteilt wird. Diese muss dabei auch in allen anderen EU Ländern anerkannt werden, so dass die Restschuldbefreiung in England genauso zu einer Schuldenfreiheit in Deutschland führt. Gläubiger können also nach erteilter Restschuldbefreiung keine Forderungen mehr geltend machen. Weiterhin sind die Pfändungsfreibeträge in England erheblich höher als in der Heimat. Das bedeutet, dass der Einzelne mehr Geld für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung hat. Bei der englischen Insolvenz ist es ebenfalls nicht zwingend erforderlich, in ein Angestelltenverhältnis einzutreten. Vielmehr besteht hier ebenso die Möglichkeit, eine Firma oder eine Existenz auf selbstständiger Basis aufzubauen, selbst wenn sich die Schuldner inmitten des Insolvenzverfahrens befinden. Somit kann bereits während des Insolvenzverfahrens in Großbritannien damit begonnen werden, eine Existenz für die Zeit nach der lange ersehnten Restschuldbefreiung aufzubauen. So können Schuldner mit Abschluss des Verfahrens sofort in eine aussichtsreiche Zukunft starten. Durch die Betreuung von einem deutschsprachigen Anwalt können Schuldner zudem davon profitieren, dass sie einen erfahrenen Partner an ihrer Seite haben, der sich um Anträge und Formalitäten selbst in englischer Sprache kümmert, wodurch dem Schuldner zahlreiche Vorteile entstehen, die nicht außer Acht zu lassen sind.
Trotz aller Vorteile, welche eine EU Insolvenz in England mit sich bringt, sollten Schuldner aus Deutschland auch die Nachteile von einem englischen Insolvenzverfahren nicht außer Acht lassen. Die Nachteile zeigen sich vor allem in den sehr empfindlichen Einschnitten (Center of Main Interest / COMI) in das private Leben. Schließlich müssen Schuldner, welche eine Insolvenz in England anstreben, ihren gesamten Lebensmittelpunkt in das Vereinigte Königreich verlagern. Im Klartext bedeutet das nichts anderes, als ihr gewohntes Leben aufzugeben. Der Hauptwohnsitz des Schuldners muss in England liegen, wenn ein englisches Insolvenzverfahren durchlaufen werden soll. Es darf dabei keine ladungsfähige Anschrift mehr in Deutschland bestehen. Damit erklärt sich, dass es eben nicht ausreicht, dass Schuldner nur ein Zimmer in England anmieten, aber weiterhin in Deutschland leben. Auch prüfen die Gerichte in England sehr genau, wie glaubwürdig ein Schuldner ist. Wer gerade einmal ein paar Wochen im Vereinigten Königreich von Großbritannien lebt, der wirkt unglaubwürdig, deshalb sollte der Wohnsitz bereits etwa sechs Monate vor dem Insolvenzantrag nach England verlegt worden sein. Dann bleibt überdies genügend Zeit, sich um einen Job in England zu kümmern, denn der bisherige Job bzw. der Arbeitsplatz in der Heimat muss aufgegeben werden, wenn das Insolvenzverfahren in Großbritannien angestrebt wird. Der erste Schritt in dessen Richtung ist dabei die Beantragung einer englischen Sozialversicherungsnummer. Gut beraten ist da wieder der Schuldner, welcher einen versierten Anwalt zur Seite hat, denn dieser kann auch bei der Beantragung der Sozialversicherungsnummer vor Ort im Vereinigten Königreich von Großbritannien behilflich sein.
Alles in allem zeigt sich, dass das englische Insolvenzverfahren für Schuldner aus Deutschland oder anderen EU Ländern zahlreiche Vorteile mit sich bringt. Diese können jedoch nur dann genutzt werden, wenn der Schuldner bereit ist, über diese Zeit massive Einschnitte in sein Leben zu akzeptieren. Eine Wohnsitzverlegung, fernab der Familie und Freunde, sowie der Wechsel des Jobs und das Leben in einem Land mit einer fremden Sprache sind für viele Schuldner eine echte Herausforderung. Sie müssen sich im Vorfeld darüber klar werden, ob sie bereit sind, diesen Schritt zu gehen und ihn auch durchzuhalten. Schließlich kann eine Rückkehr erst nach einer Erteilung der Restschuldbefreiung erfolgen. Andernfalls besteht wiederum die Gefahr, dass der Schuldner unglaubwürdig wirkt und ihm deshalb die Restschuldbefreiung versagt bleibt. Dem gegenüber steht allerdings die kurze Zeit bis zur Schuldenfreiheit. Statt sechs bis sieben Jahre, in denen sich Schuldner in Deutschland sehr stark einschränken müssen, sind es in England nur um die 18 Monate. Danach sind die Schuldner schuldenfrei und können in ein neues Leben starten. Und das haben sie im besten Fall bereits vor der Erteilung der Restschuldbefreiung angefangen, sich aufzubauen. Trotzdem sollten Schuldner nicht vorschnell handeln und auch die Beratung durch einen auf den Insolvency Act spezialisierten Anwalt sollte unbedingt in Anspruch genommen werden, damit durch diesen versierten Anwalt die wichtigen und fundierten Entscheidungen rechtssicher getroffen werden können.